Abwechslung in Lolitas tristem Alltag

4. März 2016

Lolitas verfallener Käfig

Lolitas verfallener Käfig

Kaum ein Fall hat unsere Unterstützer im vergangenen Jahr so bewegt wie der des Schimpansenweibchens Lolita. Einen Großteil ihrer 35 Lebensjahre hat sie bisher im Zoo von Bobo-Dioulasso verbracht. Nachdem der Zoo schloss, überließ man die meisten Tiere ihrem Schicksal. Alle starben, nur Lolita überlebte, fristet aber seither ein einsames und tristes Leben. Doch dann wurde eine junge Tierärztin aus Deutschland auf Lolita aufmerksam.

April 2012 kam Marthe Arends im Rahmen ihrer Doktorarbeit nach Burkina Faso. Hier wollte sie sich eigentlich auf ihre Feldstudien konzentrieren. Doch schnell zog das Schimpansenweibchen Lolita Marthes Aufmerksamkeit auf sich. Sie war in einem desolaten Zustand: Ihr Fell war an vielen Stellen kahl, ihr Käfig war nicht mehr als ein winziger Betonverschlag und ihr Gesicht hatte sich Lolita vor lauter Hunger und Frust zerkratzt. Niemand schien sich mehr zuständig zu fühlen. Die meisten Menschen von Bobo-Dioulasso halten die Schimpansin längst für verhungert. Auch die zuständige Kommune kümmert sich kaum. Sie bezahlt zwar den Einheimischen Traore MamadBild 891ou, der als Zoowärter und Pfleger für Lolita fungiert, Geld für ihre Versorgung wird aber nicht bereitgestellt. Daher bemüht sich der tierliebe Mamadou Lolitas Futter entweder von seinem eigenen spärlichen Gehalt abzuzwacken – mit dem er aber noch seine große Familie ernähren muss – oder kostenlos die Abfälle auf dem örtlichen Lebensmittelmarkt zu bekommen. Viel zu oft muss Lolita aber hungern. Dazu kommt, dass die Schimpansin nachts und am Sonntag völlig unbewacht ist und so nächtlichen Besuchern schutzlos ausgeliefert ist.

Schnell war Marthe Arends klar, Lolita braucht Hilfe. Sie wandte sich an die ERNA-GRAFF-Stiftung für Tierschutz, die ihre volle Unterstützung zusagte. Seither laufen die Gespräche und Verhandlungen mit den Behörden. Angesichts der schwierigen Verhältnisse vor Ort und der jüngsten Terroranschläge in Burkina Faso stellt sich dies als äußerst zähes Unterfangen da. Glücklicherweise konnten wir für unser Projekt “Free Lolita” den Tierarzt Dr. med. vet. Burkhard Bauer gewinnen, der rund 20 Jahre als Entwicklungshelfer in Bobo-Dioulasso gearbeitet hat und danach mehrfach im Auftrag des Instituts für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin der FU Berlin zu Forschungsreisen in Burkina Faso war und sich daher mit den örtlichen Gegebenheiten auskennt. Noch im März soll er nun für die ERNA-GRAFF-Stiftung wieder nach Burkina Faso fliegen, um dort die finalen Dokumente für Lolitas geplante Umsiedlung nach Nigeria zu erlangen.

Lolita hilft bei den Bauarbeiten

Lolita hilft bei den Bauarbeiten

Doch schon in den vergangenen Jahren hat sich bereits einiges zum Positiven verändert für Lolita. Mit Hilfe von Einheimischen konnte Marthe Arends Lolitas Käfig erneuern: Das Dach wurde erneuert und eine stabile Sicherheitstür eingebaut, die den Durchgang zwischen den beiden Käfigteilen verschließt. So kann in Zukunft ihr Pfleger problemlos in den gesicherten Teil des Käfigs, um ihn zu reinigen und mit Futter zu bestücken, während Lolita im anderen Käfigteil wartet.

Da Lolita die Angewohnheit hat, alles zu klauen, was sie erreichen kann und sie ihr Diebesgut dann auch partout nicht mehr herausgeben will, musste für die Zeit der Bauarbeiten ihre Kette leider mittels eines Schlosses verkürzt werden, damit alle in Ruhe arbeiten konnten. Lolitas Geduld wurde aber direkt nach Abschluss der Bauarbeiten belohnt. Der Bürgermeister Bobo-Dioulassos stand den Bemühungen der deutschen Tierärztin sehr positiv gegenüber und gab ihr die Erlaubnis, Lolita von ihrer Eisenkette zu befreien. Dies gestaltete sich aber schwerer als zunächst angenommen. Die Kette um Lolitas Hals war mit einem großen Schloss gesichert. Der Schlüssel dazu war schon lange verschollen. Gemeinsam mit einem einheimischen Tierarzt versuchte Marthe Arends Lolita zunächst zu sedieren, um die Kette dann zu durchschneiden. Leider wirkten die gegebenen Medikamente aber nicht so wie sie sollten: Lolita wurde zwar müde, einschlafen wollte sie aber nicht. Da Marthes Abreise kurz bevor stand, saß ihr die Zeit im Nacken. Lolitas Abkettung sollte jedoch auf keinen Fall warten bis zur nächsten Afrikareise von Marthe.

Der neu gestrichene Käfig

Der neu gestrichene Käfig

Also griffen die Helfer zu einem Trick: Lolitas Kette wurde mit einem zweiten Vorhängeschloss – wie schon zu den Bauarbeiten – verkürzt und an den Gitterstäben befestigt. So konnte man Lolitas Kette zumindest durchtrennen. Ein Ereignis, das Lolita mit lautem Freudengeschrei kommentierte. Ihre neu gewonnene Bewegungsfreiheit kostete sie sofort aus und schwang sich an den Kletterästen und dem Dach ihres Geheges entlang. Zwar hatte die Schimpansin nun noch einen Rest der Kette um den Hals, aber für die leidgeprüfte Lolita überwog sichtbar die Freude darüber, sich endlich wieder in beiden Teilen ihres Käfigs bewegen zu können. Der Rest der Kette wurde später beim nächsten Besuch von Marthe in Burkina Faso entfernt.

Neugierig inspiziert Lolita das mitgebrachte Essen

Nachdem der Käfig erneuert worden ist, nutze Marthe Arends ihre verbleibende Zeit, um Lolitas Zuhause attraktiver zu gestalten. Die Käfigwände wurden desinfiziert und gestrichen. Es entstanden ein Dschungel- und ein Sonnenzimmer. Anschließend wurden Ästen zum Klettern und Spielen sowie ein Reifen installiert und ein Wasserbecken aufgestellt. In der freien Wildbahn waschen Schimpansen sich täglich. Lolita hingegen bekam ihr Wasser nur über Plastikflaschen gereicht. Über all diese Neuerungen war die Schimpansendame sichtlich erstaunt. Sie inspizierte alles ganz genau und schien zufrieden damit.

Wir freuen uns mit Lolita über die Verbesserung ihrer Lebensumstände. Doch es ist auch völlig klar, dass es mit diesen kleinen Änderungen nicht getan ist. Die ERNA-GRAFF-Stiftung arbeitet weiter unter Hochdruck an einer Umsiedlung der Schimpansin. Auch wenn eine Auswilderung nicht möglich ist, soll Lolita doch wenigstens ein großes, artgerechtes neues Zuhause geboten werden, in dem sie Kontakt zu Artgenossen hat.

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