Gerichtsverfahren: Taubenfüttern als Verschmutzung der Straße?

30. Januar 2018

Am 30. Januar 2018 fand vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin der Prozess gegen die Tierschützerin und Vögelfütterin Doreen Rothe statt, der das Ordnungsamt wegen angeblicher Straßenverunreinigung mit Taubenfutter im Juni 2017 ein Bußgeld auferlegte. Dagegen legte die Betroffene mit der Unterstützung der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz Einspruch ein. Das Verfahren wurde noch am selben Tage von der Vorsitzenden Richterin Franziska Bauersfeld eingestellt. Ein Erfolg für Doreen Rothe, doch nur ein Zwischenerfolg für den Tierschutz und die Erna-Graff-Stiftung.

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Taubenfüttern ist keine Straßenverunreinigung

Nach gut einer Stunde Verhandlung wurde das Verfahren gegen Frau Rothe „wegen Geringfügigkeit“ des Vergehens eingestellt. Ein Freispruch erfolgte nicht. Aber auch eine Geldbuße wurde nicht verhängt. „Was habe ich falsch gemacht?“, fragt sich die engagierte Tierschützerin, die nach dem Vogelfüttern eine leergefegte Straße hinterlassen hatte. Das Ordnungsamt hatten das verhängte Bußgeld in Höhe von 85 Euro auf § 8 Abs. 1 Straßenreinigungsgesetz gestützt, nach dem Straßen nicht verunreinigt werden dürfen. Aus den Zeugenaussagen von Mitarbeitern des Ordnungsamtes geht hervor, dass diese kein liegengebliebenes Futter wahrgenommen haben. Die Verschmutzung an sich sei aber unabhängig davon, wie viel Futter gestreut würde und wie lange dies auf der Straße liegen bleibe, so die Richterin. Danach würde also ein der Bruchteil einer Sekunde für eine Verunreinigung ausreichen.

„Worin besteht dann die Verschmutzung?“, wundert sich Dr. Eisenhart von Loeper, damals 1. Vorsitzender der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz. „Nach der Rechtsauffassung wäre alles eine Verschmutzung des Alexanderplatzes, selbst ein heruntergefallenes Taschentuch.“

Die Verteidigung stellte zahlreiche Beweisanträge und Verteidiger Hans-Georg Kluge hielt ein flammendes Schlussplädoyer. Die sichtlich angespannte Vorsitzende Richterin Franziska Bauersfeld wollte sich ersichtlich mit den von der Verteidigung aufgeworfen Fragen, ob die Fütterung von Tauben zu einer vermehrten Verschmutzung führe, ob eine Fütterung eine Notwendigkeit nach dem Tierschutzgesetz darstelle, ob das Straßenreinigungsgesetz zur Sanktionierung einer Tierfütterung tauge, und welche Verantwortung die Stadt Berlin in Bezug auf Stadttauben habe, nicht auseinandersetzen. Sämtliche von der Verteidigung gestellten Beweisanträge und geladenen Sachverständigen lehnte sie ab. Sie wollte das Plädoyer sogar als politische Äußerungen abtun. Weiteren Interventionen dieser Art kam Rechtsanwalt Kluge mit der Androhung eines Befangenheitsantrages gegen die Richterin zuvor.

Die Problematik der Stadttaubenfütterung stieß auf großes öffentliches Interesse. Rund 50 interessierte Berlinerinnen und Berliner und mehrere Journalisten wollten dem Prozess beiwohnen. Platz fand nicht mal die Hälfte der Besucher. Ein im Vorfeld der Verhandlung beantragter größerer Gerichtssaal wurde laut Auskunft des Verteidigers von der Richterin Bauersfeld abgelehnt.

Stadttauben sind zwingend auf die menschliche Versorgung angewiesen. Anders als in anderen Städten gilt in Berlin kein Fütterungsverbot von Stadttauben. Der Versuch, das Füttern von Tauben mit einem Bußgeld zu sanktionieren, soll die Tierschutzbemühungen einer engagierten Taubenschützerin vereiteln. Dabei handelt das Ordnungsamt in Berlin-Mitte nach Auffassung der Erna-Graff-Stiftung willkürlich, denn aus anderen Stadtteilen ist kein einziger solcher Fall innerhalb der vergangenen drei Jahre bekannt.

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