Transportverbot von Giraffen im Zirkus

1. März 2018

Berlin, 28. Februar 2018 – Giraffen über 3,5 Meter sollen in Deutschland nicht mehr transportiert werden dürfen. Wie jetzt offiziell von NRW-Land-wirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking auf Anfrage von Norwich Rüße, Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag von Nordrhein-Westfalen bestätigt wurde, sind die Bund-Länder-Tierschutzreferenten bereits Anfang Dezember 2017 auf einem Treffen der Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz zu diesem Ergebnis gekommen. Ziel für NRW ist es laut Ministerin, “dass Straßentransporte von Tieren mit einer Körperhöhe über 3,50 m künftig tierschutzrechtlich nicht mehr abgefertigt werden.” Ein bundesweites Tierschutznetzwerk, welches von der Erna Graff Stiftung für Tierschutz unterstützt wird, hatte das Thema ins Rollen gebracht, als es 2017 jahrelange Tierschutz- und Transportverstöße bei den Giraffen eines Zirkus aufdeckte.

Giraffe wird von Jungen gefüttert

Giraffentransporte im Zirkus stehen nun verstärkt in der Kritik.

 

Seit Jahren spricht sich die Mehrheit der Deutschen dafür aus, dass Wildtiere aus dem Zirkus verschwinden. Kranke Tiere, unzureichende Haltungsbedingungen, Sicherheitsmängel und Tierausbrüche mit tödlicher Folge für Mensch und Tier, Vollzugsdefizite – die Liste an Gründen, Wildtiere vom Reisebetrieb im Zirkus auszuschließen, ist lang. “Für das höchste Säugetier der Welt könnte das jetzt Wirklichkeit werden,” freut sich Eisenhart von Loeper, 1. Vorsitzender der Erna Graff Stiftung für Tierschutz.

Auf einem Treffen der Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz am 6. und 7. Dezember 2017 stand das Thema Giraffentransport auf der Tagesordnung. Die Bund-Länder-Tierschutzreferenten sehen den Transport von ausgewachsenen Giraffen durch Zirkusbetriebe als kritisch an, die meist größer als 3,5 Meter werden. Eine Giraffe muss zu ihrem eigenen Schutz im Transportfahrzeug aufrecht stehen können. Geschieht das nicht, können unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gelenkschäden und Verletzungen die Folge sein. Selbst ein ordnungsgemäßer Transport ist für die Tiere eine enorme Belastung wie die Bundestierärztekammer 2010 und 2016 sowie die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz bereits feststellten. Die Landwirtschaftsministerin von NRW, Christiane Schulze Föcking, hat das LANUV gebeten im April 2018 die Umsetzung mit den Veterinärämtern zu erörtern. Aus anderen Bundesländern ist zur Umsetzung bisher nichts bekannt.

Hintergrund für diese Entscheidung der Länder sind Verstöße eines Zirkus gegen tierschutzrechtliche Zulassungsauflagen und Transportgenehmigungen ihrer Giraffen. In den Nebenbestimmungen der Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz für den Zirkus wird der aufrechte Stand gefordert. Eine Giraffe kann aufrecht stehen, bekommt ausreichend Luft und stößt sich nicht den Kopf, wenn ein Fahrzeug durch Radhöhe und Deckenabstand circa einen Meter höher ist, als die Giraffe groß ist. Fahrzeuge für ausgewachsene Giraffen überschreiten in der Regel eine Höhe von vier Metern und sind damit genehmigungspflichtig. Um diese Großraumtransporte durchführen zu dürfen, bedarf es einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung für das Fahrzeug und einer Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung für jeden Transport. Beides ignorierte ein Zirkus über Jahre hinweg. Auf der Fahrt von Dresden nach Berlin im April 2017 fand ein Filmteam eines bundesweiten Tierschutznetzwerks heraus, dass ein Zirkus den Hänger mit mehr als vier Metern Höhe im Straßenverkehr fuhr, aber das Fahrzeug für die Größe der Giraffen nicht ausreichend ausgefahren war. Der Zirkus hatte zu diesem Zeitpunkt keine Genehmigung für einen Großraumtransport. Damit verstieß der Zirkus sowohl gegen die Auflagen seiner Tierschutzerlaubnis als auch gegen das Straßenverkehrsrecht. Darüber hinaus überschritt der Zirkus auch die vorgeschriebenen Transportzeiten. Im August 2017 in Bremen und im Oktober 2017 in Hamburg gelang es Tierschützern des Netzwerks die unzureichende Höhe des Fahrzeugs und zu lange Transportzeiten zu dokumentieren. In Hamburg begleitete eine Journalistin, die für die ARD arbeitet, die Tierschützer.

Erst im Mai 2017 beantragte der Zirkus in Arnsberg (NRW) für das Fahrzeug eine Ausnahmegenehmigung, die er auch prompt erhielt, obwohl er bereits jahrelang ohne unterwegs gewesen war. Jedem anderem Transportunternehmer wird eine Genehmigung verwehrt, wenn er in der Vergangenheit ohne Genehmigung Großraumtransporte durchgeführt hat. Für die jeweiligen Strecken erhielt der Zirkus aber weiterhin keine Erlaubnis, die er trotzdem befuhr und damit sogar gegen die Auflagen der neuen Ausnahmegenehmigung verstieß. Auch das blieb seitens der Straßenverkehrsbehörde trotz Kenntnis ohne erkennbare Konsequenzen. Die Giraffen des Zirkus sind so groß, dass sie, um sie aufrecht stehend transportieren zu können, das Fahrzeug so hoch sein muss, dass es innerhalb von Ortschaften unter Ampeln, Straßenschildern, Leitungen, Bäume und Brücken in vielen Fällen nicht mehr sicher durchkommen würde. Dem Zirkus wurden daher im Mai und Juni 2017 nur Ausnahmegenehmigungen für eine unzureichende Fahrzeughöhe erteilt, mit der die Tiere nicht gemäß seiner Auflagen nach Tierschutzgesetz transportiert werden können.

“Die Crux an der Geschichte ist,” so von Loeper, “dass die Straßenverkehrsbehörde in Arnsberg (NRW) sich bisher nicht für die Auflagen nach dem Tierschutzgesetz interessiert und das Veterinäramt in Nordsachsen (Sachsen), von dem die Erlaubnis  nach § 11 Tierschutzgesetz für den Zirkus stammt, sich nicht dafür verantwortlich fühlt, ob mit dem Fahrzeug die Giraffen tatsächlich aufrecht stehend transportiert werden dürfen. Die Ankündigung von Frau Schulze Föcking ist solange nichts wert, wie es eine  Straßenverkehrsbehörde in NRW ist, die einem Zirkus mit Giraffen im Reisebetrieb den Transport ermöglicht.”

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