Die Tötung des kleinen – scheinbar betrunkenen – Waschbären auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt im Dezember 2019 hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Das Tier torkelte über den Markt und ließ sich letztlich auf den Rathaustreppen nieder, wo ihn die Feuerwehr aufgriff. Daraufhin wurde der Stadtjäger beauftragt, das Tier zu töten, was wenig später geschah.
Der Erfurter Verwaltung zufolge war der Waschbär nicht aufgrund des Genusses von Alkohol geschwächt, sondern litt an Staupe, einer für Waschbären typischen Viruserkrankung. Man wollte das Tier durch die Tötung folglich von seinen Schmerzen erlösen.
Wir wollen hier Genaueres erfahren, insbesondere wie die angebliche Erkrankung festgestellt und ob eine Behandlungsmöglichkeit des Waschbären überprüft wurde. An diesen Fragen misst sich dann die Strafbarkeit der Tiertötung. Kürzlich bestätigte auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zur Rechtäßigkeit von Kükentötungen in der Lebensmittelindustrie den absoluten Lebensschutz von Tieren. Insofern ist eine Tötung nur in seltenen Ausnahmefällen mit dem Tierschutzgesetz vereinbar.
Durch unsere Stiftung wurde nun zunächst Akteneinsicht bei der zuständigen Behörde beantragt, um die oben genannten Fragen zu klären. Diese muss grundsätzlich innerhalb eines Monats, spätestens nach Ablauf von 3 Monaten beantwortet werden. Ergibt die Akteneinsicht Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten der Behörden, werden wir eine Strafanzeige mit den Informationen aus der Akte untermauern. Sollte unser Akteneinsichtsgesuch hingegen abgelehnt werden, wird unsere Stiftung diesen Anspruch gerichtlich geltend machen. Die Informationen sind deshalb so wichtig, da gerade in Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz oft von Einstellungsmöglichkeiten seitens der Staatsanwaltschaft Gebrauch gemacht wird. Dies kann man nur verhindern, indem man gleich zu Beginn die wesentlichen Umstände darlegt, rechtlich bewertet und Beweise anführt.
Wir hoffen somit, dass die Strafanzeige zum Prozess führt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Dabei ist schon die gerichtliche Aufarbeitung solcher Vorfälle ein entscheidender Schritt: Weg von der bisherigen Zurückhaltung der Strafbehörden und -gerichte hin zu einer aktiven und wirksamen Durchsetzung des Tierschutzrechts. Dies geschieht im Moment noch nicht, Staatsanwaltschaften und Gerichte stellen Strafverfahren im Tierschutzrecht ganz überwiegend ein. Dabei ist es die Vorgabe unserer Verfassung, den Tierschutz als Staatsziel zu verwirklichen. Dies bedeutet, dass alle staatlichen Institutionen bei ihren Handlungen berücksichtigen müssen, ob hierdurch das Staatsziel bestmöglich gefördert und umgesetzt wird. Dieser Verantwortung für Tiere, die keine eigene Möglichkeit zur Rechtswahrnehmung haben, müssen die damit betrauten staatlichen Stellen engagiert wahrnehmen.