Die Deutsche Pharmaindustrie veröffentlichte in der Broschüre „Tiere in der Arzneimittelforschung” (1981, S. 26) das Ergebnis einer EMNID-Untersuchung (—>Öffentliche Meinung). In dem Bericht wird hervorgehoben, daß sich unter den kompromißlosen Tierversuchsgegnern vor allem die 14-24jährigen Bundesbürger finden, „also jene Altersgruppe, deren Angehörige sich in der Regel bester Gesundheit erfreuen und auf Arzneimittel weitgehend verzichten können”. In dieser Formulierung steckt die Frage, ob es nicht unfair ist, wenn sich in der Diskussion über die -> Tierversuche gerade die kaum betroffenen jungen Leute zu Wort melden. Aber einmal angenommen, die älteren und kranken Menschen würden sich einhellig für die uneingeschränkte Beibehaltung der Tierversuche aussprechen, wären sie deswegen ethisch gerechtfertigt?
Niemand bezweifelt, daß ältere und potentiell kranke Menschen an der Entwicklung neuer therapeutischer Möglichkeiten mehr interessiert sind als andere, aber gerade deshalb muß man sich auch fragen, ob der jeweils Betroffene einer möglichen Neuregelung ein bevorzugtes Mitspracherecht haben soll, und wenn ja, ob dies generalisierbar ist (->Verallgemeinerungsprinzip), also ob z. B. in der Frage der Beamtenbesoldung die Beamten und bei der Vergabe von Studienplätzen oder Sti- pendien die Bewerber ein bevorzugtes Mitspracherecht haben sollen. Schon hier wird deutlich, daß die Bevorzugung der Betroffeneninteressen niemals ein Rechtsprinzip sein kann, weil der Betroffene in eigener Sache als befangen gelten muß. Sicher ist er ein wichtiger Zeuge und wird auch entsprechend gehört, in der Bundesrepublik bei besonderen Anhörungen, in der Schweiz im Rahmen sog. Vernehmlassungsverfahren. Aber ähnlich wie in einem Rechtsstreit muß auch im Interessen- konflikt gelten, daß der von einer Entscheidung direkt oder potentiell Betroffene in eigener Sache kein Entscheidungsrecht haben kann; vgl. hierzu auch H. Hediger (1983).
Keine weitere Literatur.