Das Wort ist hier im Sinne eines Wertlegens auf Erhaltung oder Verbesserung eines Zustandes gemeint. Es geht um die Wahrung von I. gegenüber anderen; man ist auf sein I. bedacht und gerät dabei oft in -> Konflikt mit den I. en anderer.
Unter tierschutzethischem Aspekt kann das zweierlei bedeuten: (1) das I. des Menschen am Tier und dessen Nutzung zu seinen Zwek- ken oder (2) das I. des Tieres an ungestörtem Wohlbefinden.
Die Frage, ob außer dem Menschen auch Tiere, Pflanzen oder sogar die Natur als solche I.en haben oder nicht, ist immer noch umstritten. Inzwischen wird jedoch kaum mehr bezweifelt, daß Tiere bestimmte I.en haben; strittig ist nur noch, ob alle diese I.en bei Mensch und Tier wirklich so gleich oder ähnlich sind, daß sie gemäß —> Gleichheitsgrundsatz auch die gleiche Berücksichtigung erfahren müssen. Meredith Williams (1980) entwickelt in ihrer Auseinandersetzung mit Peter Singer einen Unterschied, der darin besteht, ein I. zu haben („having an interest”) oder I. zu nehmen („taking an interest”), wobei nur der Mensch kraft seiner geistigen Fähigkeit in der Lage sei, diese I. en bewußt wahrzunehmen. Schon zuvor hatte R. G. Frey (1980) in seinem Buch „Interests and Rights — The Case Against Animals” alles zusammengetragen, was sich gegen die an Gewicht zunehmende Position, daß auch andere Lebewesen ernst zu nehmende I.en, ja sogar Rechte hätten (—> Rechtekonzept), einwenden läßt. Dabei wurde folgende Argumentationsweise angewandt: Zuerst wurde das I. so umfassend wie möglich beschrieben und an verschiedene Bedingungen bzw. Fähigkeiten geknüpft, die nur beim Menschen gegeben sind. So entstand das Bild eines hochdifferenzierten I. beim Menschen als I. im eigentlichen Sinne und ein nur als elementar beschriebenes I. der Tiere, als bloßes Bedürfnis. Dieses auf ein Bedürfnis reduziertes I. wurde mit dem „Bedürfnis” eines Traktors verglichen und gleichgesetzt. Frey bietet nun zwei Folgerungen an: (1) daß Tiere I.en haben, die dann auch der Maschine zugestanden werden müßten oder (2) daß Maschinen keine I. en haben, die wir dann aber auch Tieren gegenüber nicht einräumen dürften. Freyvergißt, daß Menschen, Tiere und auch Traktoren zwar Energie brauchen, um zu leben bzw. zu funktionieren, daß Menschen und Tiere aber leiden, wenn ihnen die lebensnotwendige Energie vorenthalten wird, was man vom Traktor nicht sagen kann. Eine kritische Würdigung findet sich bei Ed- ward Johnson (1981).
In Europa werden diese Fragen weniger heftig diskutiert. Schon Leonard Nelson (1971, Bd. 8, S. 87) geht davon aus, daß Tiere I.en haben. Entsprechendes kann man auch von Jod Feinberg (198o, S. 148 ff.), Klaus M. Meyer-Abich (1982, S. 589f.), Günther Patzig (1986, S. 75) und Bernard E. Rollin (1981, S. 42) sagen. Die Gegenposition wird von Wolfgang Wick- ler vertreten, der sich (198o) so geäußert hat: „Das Tierschutzgesetz, das ,dem Schutz des Lebens und Wohlbefindens des Tieres’ dient, schützt nicht irgendwelche berechtigten I.en des Tieres, die ja der Mensch gar nicht kennt. Was als I. des Tieres erscheint, ist ein weiteres menschliches I. am Tier (z. B. seine Erhaltung für künftige Generationen). Die Frage, ob bestimmte Manipulationen am Tier erlaubt sind, kennzeichnet nicht einen Konflikt zwischen Mensch und Tier, sondern einen Interessenkonflikt im Menschen.” Wickler sagt also nur, daß der Mensch die berechtigten I.en der Tiere nicht kennt, und läßt dabei noch offen, ob er sie nicht kennt, weil ein Forschungsdefizit vorliegt, oder weil er sie aus erkenntnistheoretischen Gründen (vgl. —> Analogie) überhaupt nicht erforschen kann. Aber auch so bleibt Wicklers Aussage nur Hypothese, und ihr Wahrscheinlichkeitsgehalt ist erheblich geringer, als die Gegenmeinung in Albert Schweitzers berühmtem Satz: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will” (Werke2, S.377). Vgl. hierzu Ehrfurcht vor dem Leben. Dabei ist klar, daß Tiere sich dieses Willens nicht bewußt sind. Wir wissen nur, daß Tiere mit ganz gro- ßer Wahrscheinlichkeit unter peinigenden Empfindungen leiden, wenn sie in ihrem Lebensvollzug gestört oder gar bedroht sind, und alle Kraft, Erfahrung und Intelligenz aufwenden, um solche Gefahren zu meiden oder sich aus ihnen zu befreien. Es ist bekannt, daß in Schlagfallen gefangene Pelztiere gelegentlich ihre festgehaltene Pfote abnagen. Auch Tiere haben demnach ein vitales und keineswegs vernunftabhängiges I., sich wohl zu fühlen, -> Schmerzen, -> Leiden oder -> Schäden zu vermeiden. Der Umstand, daß Tiere dieses I. nur in sprachloser und für den Menschen nicht immer unmittelbar ersichtlicher Weise ausdrücken können, ist kein Grund, von solchen I.en zu sagen, daß der Mensch sie nicht wahrnehmen könne.
Wicklers Äußerung betrifft aber auch den Kern unseres Tierschutzkonzeptes, er vertritt nämlich wieder einen -> anthropozentrischen Tierschutz und steht somit in Widerspruch zum Konzept des teethischen Tierschutzes, wie er in den neueren Tierschutzgesetzen von 1972 und 1986 (-> Gesetzlicher Tierschutz) zum Ausdruck gebracht wird. Der Gesetzgeber wollte ja gerade weg von der anthropozentrischen Begründung des früheren Tierschutzes, der tatsächlich vorwiegend an den I. en des Menschen orientiert war, darüber sind sich alle Kommentatoren einig; vgl. K. 1. Ennulat und G. Zoebe (1972) und A. Lorz (1979).
In einer Analyse der verschiedenen Tierschutzbegründungen ist auch Ueli Vogel (1980, S. 152-162) der Frage nach den I.en der Tiere nachgegangen und mißt ihr große Bedeutung bei, und zwar nicht nur, weil die anderen Theorien veraltet sind, sondern auch aus inhaltlichen Gründen. „Schon die Bezeichnung des Deliktes”, so schreibt er S. 152, „weist den Laien darauf hin, daß bestraft werden soll, wer Tiere quält; vom Angriff auf menschliche I.en ist nicht die Rede.” Einzuräumen bleibt nur, daß die I.en der Tiere nicht unmittelbar zur Geltung kom- men, sondern erst, wenn sie unter ethischem Aspekt als schützenswert erkannt und durch den Gesetzgeber rechtlich anerkannt sind. Nur inso- fern werden die I.en der Tiere durch daran orientierte I.en der Gesell- schaft und der sie leitenden Vorstellungen (—> Öffentliche Meinung, —> Wertbewußtsein) gestützt. Aber das gilt auch für die I.en des Menschen; sie sind nur geschützt, weil und soweit sie in der Gesellschaft als schützenswert gelten. Vgl. –> anthropozentrischer Humanismus IV.
Nach Vogel werden die I. en der Tiere nicht mehr ernsthaft angezweifelt; strittig ist nur, ob diese I.en nur das Freisein von Schmerzen, Leiden und Schäden betreffen, oder ob die Tiere auch ein I. an der Erhaltung ihres Lebens haben. Sollte dieses „Lebensinteresse” nämlich verneint werden, dann bestünde auch gegen das schmerzlose und angst- freie Töten von Tieren kein Einwand mehr. Der Tierschutz würde nur mit dem —> Wohlbefindensprinzip begründet, gegenüber dem das –> Lebenserhaltungsprinzip nicht mehr zum Zuge käme.
Literatur: Im Text erwähnt.