Der Schutz des Tieres vor S. ist ein Teil des gesetzlich geschützten Rechtsgutes —> Wohlbefinden und wird vom deutschen Tierschutzgesetz in § 1 Satz 2, vom schweizerischen Gesetz in Art. 2 Abs. 3 verlangt. Ennulat/Zoebe (1972, S. 40) verstehen unter S. bleibende, meist durch Schmerzen oder —> Leiden hervorgerufene Beeinträchtigungen der organischen oder psychischen Unversehrtheit; ähnlich auch A. F. Goetschel (1986, S. 37). A. Lorzbeschreibt S. (1979, S. 83 f.) ganz allgemein als „Verschlechterung des Zustandes”, wobei eine solche Verschlechterung nicht notwendigerweise für dauernd sein muß. Ein Katalog möglicher Schäden findet sich bei Lorz unmittelbar anschließend. Dabei wird die Frage der Kastration nicht ausdrücklich erwähnt, kann aber unter den Begriffen „Amputation” oder „Verstümmelung” subsumiert sein. Darunter würde dann auch das weitgehend erlaubte Kürzen von Schwänzen, Hörnern, Krallen und Schnäbeln fallen, das vorgenommen wird, wann immer es „notwendig” erscheint, um Reaktionen der Tiere auf die Unterdrückung ihres angeborenen Verhaltens zu unterbinden. S. können aber auch als unmittelbare Folgen artwidriger Haltung auftreten, wie Beschädigung oder Verlust des Gefieders.
I. S. sind auch am Erbgut möglich, und wenn das Tier davor geschützt werden soll, dann muß die Beliebigkeit der Zuchtziele (—> Züchtung) beschränkt werden. Das in § 11 der deutschen Tierschutznovelle ausgesprochene Verbot von Qualzüchtungen ist jedenfalls nicht ausreichend.
II. Lorz und Goetschel erwähnen auch den Tod als S. Dabei hebt Goetschel die Tötung als „bedeutendste Schädigung des Tieres” besonders hervor. Und in der Tat, was könnte gravierender und endgültiger sein, als der Tod? Trotzdem stellen sich hier verschiedene Fragen:
(1) Wird durch diese Einstufung des Tötens das Zufügen von Schmerzen oder Leiden nicht in unzulässiger Weise relativiert oder geradezu verharmlost? So wichtig es ist, den Tod in seiner Bedeutung ernst zu nehmen, so richtig bleibt dennoch die in der —> Tierschutzethik unbestrittene Norm, daß der Schutz vor Schmerzen und Leiden im Konfliktfall einen grundsätzlichen Vorrang vor der Lebenserhaltung hat; auch Albert Schweitzer hat sich so entschieden. Schmerzen oder Leiden oder beides zusammen können so qualvoll sein, daß der Tod zur einzig möglichen und daher auch ethisch gebotenen Hilfe wird. Vgl. hierzu die Stichworte —> Lebenserhaltungsprinzip und —> Wohlbefindensprinzip.
(2) Ferner ist zu fragen, ob die Tötung wirklich noch als S. anzusehen ist, oder als etwas ganz anderes. Der deutsche Gesetzgeber will das Tier nicht nur vor der Beeinträchtigung des Wohlbefindens infolge von Schmerzen, Leiden oder S. geschützt sehen, sondern hat in § 1 auch das Leben als solches unter den Schutz des Gesetzes gestellt. Der deutsche Gesetzgeber sieht demnach in der Tötung einen besonderen Eingriff jenseits der Zufügung eines bloßen S. und hat dementsprechend auch in § 17 das Töten eines Wirbeltieres ausdrücklich unter Strafe gestellt, wenn es ohne vernünftigen Grund erfolgt. Der Gesetzgeber in der Schweiz hat den Schutz des Lebens nicht eigens erwähnt. Wenn er aber in Art. 1 den Gesetzeszweck als „Schutz und Wohlbefinden” des Tieres beschreibt, so kann auch der Schutz vor ungerechtfertigter Tötung (mehr will das deutsche Gesetz ja auch nicht) doch nicht ausgeschlossen sein; vgl. A. F. Goetschel —1986, S. 14ff. und 162).
(3) Vom juristischen Sprachgebrauch abgesehen, versteht man unter S. in aller Regel nur die Beschädigung eines zwar nicht mehr unversehrten, aber vielleicht doch regenerierbaren und jedenfalls eingeschränkt weiter existierenden Lebewesens oder eines reparablen Gegenstandes. Wenn diese Möglichkeit nicht mehr besteht, d. h. wenn ein Lebewesen getötet oder ein Möbelstück verbrannt wurde, dann ist das keine graduell gesteigerte Schädigung mehr, sondern etwas qualitativ anderes. Selbst bei einem zu Schrott gefahrenen Auto spricht man dann nicht mehr von einem (noch reparablen) S., sondern von Totalschaden und meint damit eine andere Kategorie.
Literatur: ImText erwähnt.