Dazu gehören insbesondere Tierkämpfe wie Stierkampf und Rodeo, aber auch Halmen- und Hundekämpfe oder Volksfeste wie das „Hahnenköpfen”.
I. Der spanische Stierkampf ist in seinem Stammland, aber auch in Südfrankreich und Lateinamerika üblich, während der unblutige portu- giesische Kampf auf Portugal beschränkt ist. In Spanien gibt es jährlich rund 500 Corridas mit je 6 Einzelkämpfen, von denen jeder eine halbe Stunde dauert. 3000 Stiere sind die gewollten Opfer, die ungewollten der Toreros werden mit romantischem Pathos zu Heldentragödien hochstilisiert. 245 Toreros teilen sich in das Geschäft, das jährlich etwa 33 Millionen DM einbringt (vgl. B. Scheid 1986).
Der im 13. Jahrhundert entstandene Stierkampf wurde schon sehr bald als Teufelswerk verurteilt und dann 1567 von Papst Pius V. verboten, „weil Stierkampf und Kämpfe mit anderen wilden Tieren gegen die christliche Frömmigkeit und Liebe verstoßen … daher verbieten wir allen christlichen Fürsten, geistlichen wie weltlichen, kaiserlichen und sämtlichen anderen, ebenso den Städten und sonstigen Gemeinwesen für ewige Zeiten… daß sie in ihrem Geltungsbereich Stierkämpfe und andere Kämpfe mit wilden Tieren abhalten lassen …” Zitiert nach J. Maurer (1962). Von Josef Bonaparte wurden die Kämpfe dann wieder zugelassen, und dabei ist es geblieben.
Noch immer gibt es nicht nur in romanischen Ländern enthusiastische Bewunderer, die in der Madrider Arena Las Ventas die „Kathedrale” des Stierkampfes und das blutige Schauspiel selbst als „ein großes Meßopfer” sehen. Dichter von Rang wie Ernest Hemingway haben das blutige Drama wortgewaltig veredelt und verherrlicht, andere wie Elias Canetti haben sich in emotionalem Abscheu den Stier als Sieger gewünscht, der nicht nur den Torero jämmerlich in die Flucht schlägt, sondern „die ganze blutgierige Arena dazu”; vgl. hierzu auch —> Tierschützer III. Auch in den deutschen Medien melden sich gelegentlich die Bewunderer.
Die besonders gezüchteten Kampfstiere werden einerseits bewundert, andererseits als „Mörderstiere” zum gefährlichen Feind erhoben, damit man sich für den ungleichen Kampf nicht allzusehr schämen muß. Darum sind auch die gelegentlichen Unfälle unbedingt nötig. Die Helden werden in gewaltigen und prunkvollen Leichenbegängnissen gefeiert und so im Bewußtsein der Massen festgehalten: die Arena wird zur „Klagemauer”; das Wehen der Todesschauer bleibt erhalten.
Trotzdem läßt das Interesse nach, und die Veranstalter tun alles, um den Besucherstand zu halten. Im spanischen Parlament berät eine Kommission über neue Reglements, um die Fiesta Nacional vor Dekadenz und Verfall zu bewahren (Rob. Gerhard 1983). Schlimmer ist eine Mitteilung der Bad. Neuesten Nachrichten vom 21.1.1984, daß die Werbung nun schon in die Schulen getragen wird, wo man die Arenenbesucher und Toreros von morgen an Kälbern „üben” läßt. Ein Zehnjähriger soll schon wo solcher Tiere getötet haben.
Überhaupt scheint die Tierquälerei bei der Ausbildung der Anfänger und in der Provinz quantitativ und qualitativ besonders gravierend zu sein. Und wenn wirklich häufiger vorkommen sollte, was Birgit Scheid (1986) berichtet, daß dem oft noch lebenden Tier nicht nur die üblichen Trophäen, sondern auch die Hoden abgeschnitten werden, dann darf man sich nicht wundern, daß in solchen Fällen die Emotionen die Ober- hand gewinnen. Wo bleibt hier die —>Menschenwürdeder beteiligten Personen, wo die —> geschöpfliche Würde der betroffenen Opfer? Über eine Sonderform des Stierkampfes in Peru, wo auch jeweils ein Kondor getötet wird, hat Animals International (IV/20, S. 8) berichtet.
Die Kritik am Stierkampf ist meist grundsätzlicher Art. Zur —> Rechtfertigung wird oft vorgebracht, daß die Tiere unter besten und artgemäßen Bedingungen aufwachsen und vor dem Tod wenigstens ein gutes Leben gehabt haben. Das ist im Vergleich zur modernen —> Nutztierhaltung sicher richtig.
II. Eine in den USA verbreitete Form des Tierkampfes ist das Rodeo. Nach einer Rezension von Marc Paulhus (1983) ist dieser Brauch als Aus- druck amerikanischer Pionier- und Eroberermentalität zu verstehen. Tugenden und Qualitäten der frühen Cowboys, die im Kampf mit wilden Bestien, Indianern auf dem Kriegspfad und konkurrierenden Rangem die Oberhand behielten, sollen als pädagogisch wirksames Erbe auch an künftige Generationen weitergegeben werden.
Wie beim Stierkampf, so prallen auch beim Rodeo romantisierende Begeisterung und erbitterte Kritik aufeinander. Die Tierschützer wenden sich insbesondere gegen zwei extreme Auswüchse: das „Steer Busting”, wobei der „Cowboy dank überlegener Technik und eines guten Pferdes dem Stier keine Chance läßt. Dabei geht es darum, den Stier so geschickt mit dem Lasso an den Hinterläufen zu erwischen, daß das Tier beim ruckartigen Zuziehen der Schlinge meterweit durch die Luft fliegt. Danach wird der Stier am Seil durch die Arena geschleift, bis er sich nicht mehr regt.” Die weiteren Beanstandungen betreffen die Tricks, mit welchen die Pferde gelegentlich zu ihren wilden Sprüngen gezwungen werden: Elektroschocks, Sporen und eine ausgesucht schmerzhafte Sattelung; Bericht der Bad. Neuesten Nachrichten vom 30.12.1971. Vgl. auch E. Lawrence (1982).
III. Auch über Tiere, die miteinander kämpfen, wird in aller Welt berichtet, neuerdings auch aus der Bundesrepublik, worüber Thomas Ketterer im „Stern” (1985, Nr. 41) berichtet hat. Es handelt sich um Hundekämpfe. Die auf Schärfe dressierten und völlig neurotisierten Tiere sind imstande, einander schwere Wunden beizubringen und schließlich auch zu töten. Auch wenn nur ein Teil der drastischen Schilderung belegt werden könnte, die Bilder sind schrecklich, das Ganze ist kaum zu glauben.
Neben solchen Berichten nehmen sich andere „Brauchtümer” fast harmlos aus. Sie geben sich aber als Volksfeste für Alt und Jung und eben auch für Kinder, die hier sehen, daß —> Tierquälerei sozusagen die natürlichste Sache der Welt ist. So etwa das „Hahnenköpfen” in Speck bei Düsseldorf, wie das Zeit-Magazin vom 30.10.1970, S. 20f. berichtet. Ein lebender Hahn wird mit dem Kopf nach unten aufgehängt, hin und her geschwungen und soll nun mit einem Messer geköpft werden. Da immer neue erschwerende Bedingungen erfunden werden, haben die Tiere oft lange zu leiden.
IV. Die Frage der ethischen Zulässigkeit beantwortet sich hier selbst. Trotzdem ist anzuerkennen, daß sich Papst Paul VI. nach langem Schweigen seiner Vorgänger 1966 wieder ablehnend zum Stierkampf geäußert hat; vgl. —> Kirche und Tierschutz II.
Weitere Literatur: G. Carson 1972, S.156-182, H. Karasek 1971, R. Lewinsohn 1952, S.195-197.