Putenmast: krankes System ohne Gewinner

17. Mai 2017

Als ein krankes System bezeichnete am ersten Verhandlungstag im Berufungsprozess einer der Angeklagten  die konventionelle Geflügelmast in Deutschland. Der Hauptangeklagte, ein bei der Uni Tübingen tätiger junger Wissenschaftler, legte die Motive seines Handelns dar. Dr. H., der selbst zu einem Thema aus der Ethik promoviert hat, gab auch Einblick in sein Gefühlsleben der letzten Monate.

Dr. H. schilderte, wie vom Rechtsvertreter der Putenzüchter systematisch versucht werde, ihm das Leben schwer zu machen, seitdem er gemeinsam mit zwei weiteren Aktivisten aus Tübingen vor rund zwei Jahren tierschutzwidrige Zustände in einer Putenmastanlage in Ilshofen dokumentiert hat. So habe der Nebenklägervertreter Dr. Sch., der in einer Hamburger Anwaltskanzlei tätig ist, gleich mehrfach versucht, ihn bei seiner Universität zu diskreditieren.  „Hier soll ganz eindeutig mein Ruf geschädigt werden mit dem Ziel, meine weitere Karriere zu ruinieren.“, erklärte der Angeklagte vor Gericht.

Es sind also offensichtlich schwere Geschütze, die die Putenlobby und ihr Rechtsvertreter hier auffahren, um die Offenlegung realer  Zustände zu verhindern. Wie die Angeklagten vor Gericht weiter ausführten, gebe es bei der herkömmlichen Geflügelmast nur Verlierer. Denn nicht nur die Tiere, sondern auch die Umwelt würden leiden.

Nach Ansicht der Angeklagten sei es unverzichtbar, diese Fehlentwicklungen öffentlich anzuprangern. Dabei seien Filmaufnahmen von zentraler Bedeutung.

Der weitere Prozessverlauf wird Aufschluss darüber geben, ob sich Aktivisten beim Filmen in Mastanlagen weiterhin in einer Grauzone bewegen. Ob bereits in Heilbronn ein solches richtungsweisendes Urteil gesprochen wird, bleibt abzuwarten.

Es stehen im Prozess noch 4 Verhandlungstage an. Die ERNA-GRAFF-Stiftung für Tierschutz ist vor Ort und wird weiter berichten. Ihr Interesse besteht darin, die Grenzen des Strafrechts bei solchen Verhaltensweisen von Züchtern – auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte – auszuloten, um langfristig verbindlich zu klären, wann eine filmische Aufklärung über das Innenleben solcher tierfeindlicher Systeme vom Recht als gerechtfertigt angesehen wird. Das insbesondere dann, wenn die zuständigen Behörden nicht eingreifen.

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