21. Dezember 2019
Eine erschreckende Erfahrung im Umgang mit der Hattersheimer Polizei mussten ein junger Mann und dessen Freundin machen: Ihr Hilferuf führte nicht zur Behandlung, sondern zur unangekündigten Tötung eines von ihnen geretteten Fuchses. Der Vorfall ereignete sich wie folgt:
Auf einer Radtour entdeckte ein Tierschützer aus dem Main-Taunus-Kreis im Juni 2019 einen verletzten Fuchs, der sich in einem Zaun verfangen hatte. Er befreite das Tier und bemühte sich, eine Tierklinik zur Behandlung zu finden – vergebens. Daher entschloss er sich, das Tier mit nach Hause zu nehmen und die Erstversorgung zu übernehmen. Der Fuchs war schwach und ließ sich bereitwillig mitnehmen. Zur Beruhigung wickelte ihn der junge Tierschützer in seinen Pullover ein. Zu Hause angekommen wurde der Fuchs von seinem Finder und dessen Freundin versorgt. Er trank und verhielt sich ruhig.
Die verständigte Polizei verwies den Tierschützer zunächst an den Jagdpächter, erschien aber nach einer Weile doch mit einer Beamtin und zwei Kollegen. Die Polizisten fackelten nicht lang: Unter dem Vorwurf, dass der Tierschützer ein Risiko der Tollwutinfektion eingegangen sei, begaben sie sich zu dem Fuchs. Kurze Zeit später ertönte ein lauter Schlag. Der Fuchs war durch einen Genickschlag getötet worden. Das Blut des Tieres bedeckte den Balkon, was das junge Paar emotional schwer mitnahm. Die Polizisten hatten hier ohne Absprache mit den beiden gehandelt und das in ihrer Obhut befindliche Tier getötet.
Die hierfür geäußerte Begründung einer möglichen Tollwutinfektion kann indes das Vorgehen nicht rechtfertigen. Denn die Tollwut ist laut Robert-Koch-Institut seit 2008 in Deutschland offiziell getilgt.
Die Erna-Graff-Stiftung hat sich daher des Falles angenommen und Antrag auf Akteneinsicht bei dem zuständigen Polizeipräsidium Westhessen gestellt. Im Zuge dessen werden wir prüfen, ob die Polizei hier gegen das Tierschutzgesetz verstoßen und damit rechtswidrig gehandelt hat.
In Deutschland kommt es immer wieder vor, dass Polizisten die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes nicht hinreichend beachten, wenn sie entlaufene Tiere oder Wildtiere unter Berufung auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit töten. Das Tierschutzgesetz verbietet es der Polizei ebenso wie anderen staatlichen Stellen und Privatpersonen, ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund zu töten. Die Norm des § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz stellt eine solche Handlung unter Strafe. Der Polizei obliegt es daher sorgfältig im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen vernünftigen Grund gegeben sind. Denn das Leben jedes einzelnen Tieres ist durch § 1 des Tierschutzgesetzes geschützt (so ausdrücklich das Bundesverwaltungsgericht, Rn. 16 der Entscheidung). Als zentraler Kerngehalt des Tierschutzgesetzes wird das Recht auf Leben von Tieren überdies durch die Verfassung garantiert. Denn Art. 20a GG sollte ausdrücklich der verfassungsrechtlichen Aufwertung der im Tierschutzgesetz niedergelegten Grundprinzipien dienen.
Die Erna-Graff-Stiftung bemüht sich, solche tierschutzwidrigen behördlichen Handlungen aufzudecken und gegebenenfalls zu verfolgen, um eine Einhaltung des Tierschutzgesetzes durch staatliche Einrichtungen sicherzustellen. Nur indem entsprechende Fälle aufgearbeitet und verfolgt werden, können die Tiere schützenden Normen in der Praxis tatsächlich Geltung erlangen. Daher betreiben wir eine Mehrzahl von Verfahren (z.B. zu den von der Rostocker Polizei erschossenen Tieren).