15. Februar 2017
Berlin, 15. Februar 2017. Mit großem Interesse hat die Erna-Graff-Stiftung dem heutigen Gerichtsprozess am Verwaltungsgericht Berlin beigewohnt, in dem es um die Hälterung von lebenden Hummern in der METRO Berlin ging. Richter Christian Oestmann stellte gleich zu Beginn der Verhandlung fest, dass das Gericht zu der Auffassung tendiere, Hummer können leiden.
Diese Annahme bekräftigen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. Auch wenn Hummer als Wirbellose grundsätzlich einen gänzlich verschiedenen Aufbau haben als Wirbeltiere, ist in Untersuchungen beobachtet worden, dass auch Hummer Schmerz und Leid empfinden können und daher entsprechend mit Ihnen umgegangen werden muss.
Bei Kontrollen zwischen 2011 und 2013 hat das Veterinäramt Spandau Verstöße in der Spandauer Filiale der Metro festgestellt und daraufhin 15 tierschutzrechtliche Anordnungen erlassen. Darin ging es u.a. um den Platz, der den Tieren zur Verfügung steht, die Einzel-Rückzugsmöglichkeiten für die eigentlich solitär lebenden Tiere, die Schulung des Personals im Umgang mit den lebenden Tieren und die Wasserqualität.
Der Vertreter der METRO hielt heute vor Gericht dagegen, dass es nicht belegt sei, dass Hummer überhaupt Schmerzen empfinden und dass einzelne Anordnungen mittlerweile ohnehin eingehalten würden. „Das Gericht tendiert zu der Auffassung, dass Hummer Schmerzen empfinden können. Unabhängig vom Schmerzempfinden müssen die Tiere aber auf jeden Fall artgerecht untergebracht werden.“, nahm Richter Oestmann dazu Stellung. Nach Anhörung des Sachverständigen Jan Wolter kam das Gericht zu dem Urteil, dass die Metro den Hummern statt bisher 250 cm² pro Tier 290 cm² zur Verfügung stellen muss und dass den Tieren Einzel-Rückzugsmöglichkeiten geboten werden müssen. In 6 Punkten aus der Anordnung hatten sich Bezirksamt und Metro bereits vor Urteilsverkündung geeinigt. Für weitere 7 Anordnungen die u.a. zu fordernde Wasserparameter und Dokumentationspflichten zum Inhalt hatten, sah das Gericht keine Rechtsgrundlage für die Anordnungen der Behörde.
Aus Tierschutzsicht ist dieses Urteil ein erster wichtiger Schritt. Da es bisher keine entsprechende Entscheidung zur Hälterung von Krebstieren in Gefangenschaft vor einem deutschen Gericht gab, hatte der heutige Prozess eine Vorreiterfunktion. Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit der Möglichkeit der Berufung den Weg freigemacht, die Fragen der Hälterung lebender Hummer vor einer höheren Instanz klären zu können.
Ob und in welchem Umfang eine art- und verhaltensgerechte Haltung auch für Hummer einzufordern ist und vor allen Dingen, ob dies auch für jedes einzelne Tier gilt, bedarf wohl noch weiterer Klärung. Speziell zum Transport außerhalb von Wasser bis zum Großhandel ergibt sich schon die Frage, ob dies überhaupt tierschutzgerecht möglich und deshalb der Verkauf von lebenden Hummern aus Nordamerika aus Tierschutzgründen überhaupt unterlassen werden sollte. Das war aber heute nicht Gegenstand der Verhandlung. Vielmehr stellt sich die Frage, ob es bei den Haltungsbedingungen darum geht, dass die Tiere überleben (was sie aushalten), oder ob grundsätzlich Haltungsbedingungen geschaffen werden müssen, die bezüglich der Wasserparameter so naturnah wie möglich sind.
Mit dem nur teilweise befriedigendem Urteil wurde aber trotzdem der Vollzugsbehörde, die sich wegen der Grundsätzlichkeit eines solchen Urteils extern von dem im Tierschutzrecht erfahrenen Berliner Anwalt Hans-Georg Kluge hat vertreten lassen, der Rücken gestärkt, um sich in der nächsten Instanz für einen tierschutzgerechten Umgang mit auch diesen Tieren einzusetzen,
Das Bezirksamt Spandau ist in der glücklichen Lage mit Herrn Stephan Machulik einen Stadtrat hinter sich zu wissen, der die Bemühungen „seines“ Veterinäramtes um mehr Tierschutz nachhaltig auch für die Berufungsinstanz unterstützt.
Hier können Sie die Pressemitteilung als PDF herunterladen: 2017-02-15_Hummer Spandau
In der Gastronomie werden Hummer und andere Krebse als Krustentiere oder auch als Früchte des Meeres bezeichnet. Sie…
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