19. Oktober 2020
Nicht nur ihr Verhalten und ihre Eigenschaften weisen auf eine Verwandtschaft der Straßentauben zu gezüchteten Taubenrassen hin. Auch Untersuchungen zur DNA der Tiere liefern eindeutige Ergebnisse: die Straßentaube ist kein Wildvogel, sondern stammt von Zuchttauben ab.
Schon lange kämpfen Taubenschützer für mehr Schutz und Anerkennung der Straßentauben, die von vielen nur als Ratten der Lüfte betitelt und bestenfalls ignoriert werden. Insbesondere vielen Stadtverwaltungen sind die Tauben ein Dorn im Auge, da die Beseitigung von Taubenkot aufwendig und kostenintensiv ist. Als Regulierungsmaßnahme wurden deshalb in vielen deutschen Städten Taubenfütterungsverbote erlassen, die es Taubenschützern untersagen, die Tiere artgerecht zu versorgen (oft auch auf dem eigenen Grundstück).
Dass diese Maßnahme Tierquälerei ist und zum Hungertod tausender Vögel führt, wird von städtischer Seite stets dementiert. Hier wird dann argumentiert, die Straßentaube sei ein Wildvogel und finde daher überall etwas zu essen. Sie könne außerhalb der Stadt auf den Feldern nach Nahrung suchen und sei sowieso durch die vielen Essenreste in der Stadt ausreichend versorgt.
Diese Aussagen sind in mehrfacher Hinsicht falsch:
Auch DNA-Untersuchungen bestätigen die Sichtweise der Tierschützer. Nachfolgend einige Auszüge einer italienischen Studie, die im Jahr 2020 veröffentlicht wurde.
Diese in verschiedenen Städten Italiens durchgeführte Studie hatte zum Ziel, die Entstehung und Aufrechterhaltung von Stadttaubenpopulationen zu erklären. Dabei stellten Giunchi u.a. die These auf, dass hierfür der Zuzug von Zuchttauben verantwortlich sei, die ausgesetzt oder verlorengegangen sind. Hierzu wurden Taubenpopulationen in 9 verschiedenen Städten Nord- und Mittelitaliens untersucht und insgesamt 194 Proben entnommen.
Die Untersuchung ergab einen nahezu identischen Genpool der untersuchten Straßentauben und der domestizierten Zuchttauben. Die Straßentauben wiesen Genmaterial auf, das eigens den Zuchttauben zugehörig ist und bei wilden Vögeln nicht vorkommt.
Die Studie offenbarte aber noch einen bemerkenswerten Zusammenhang: Die Ausgestaltung der DNA der untersuchten Straßentaubenpopulationen orientierte sich an den im jeweiligen Gebiet vorkommenden Zuchtrassen. So fand sich stets das Genmaterial bei den Straßentauben wieder, das den lokal gezüchteten Rassen zuzuordnen ist. Dies belegt einmal mehr, die Verantwortlichkeit ansässiger Taubenzüchter für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Straßentaubenbestände.
Inhalte der Studie sind hier abrufbar. Im Folgenden einige wichtige Passagen aus dem Untersuchungsbericht.
“Furthermore, while it is largely accepted that feral pigeons originated from domestic breeds (see for instance Johnston and Janiga 1995), this study is the first one that systematically investigates the affinities between feral pigeon populations and the domestic breeds commonly bred in the same area.“
Übersetzung: „Während weitgehend anerkannt ist, dass Straßentauben von Zuchttauben abstammen (siehe zum Beispiel Johnston und Janiga 1995), ist diese Studie die erste, die systematisch den Zusammenhang zwischen Straßentaubenpopulationen und den in derselben Region gezüchteten Hausrassen untersucht.”
„The DAPC of the nine feral populations and the six Italian breeds did not reveal a sharp separation between the two groups (Fig. 4a). With the exception of domestic SB and RM, all the other breeds overlap with feral populations in the plot.“
Übersetzung: “Die DAPC (Methode zur Genuntersuchung) der neun Straßentaubenpopulationen und der sechs italienischen Zuchtrassen ergab keine scharfe Trennung zwischen den beiden Gruppen (Abb. 4a). Mit Ausnahme der inländischen SB und RM (besondere Zuchtrassen) überschneiden sich alle anderen Rassen mit den Straßentaubenpopulationen in der Parzelle”
„Our results further emphasize the complex origin of feral populations and suggest a past and probably ongoing flow of domestic pigeons into feral populations in areas surrounded by a high number of pigeon fanciers.“
Übersetzung: „Unsere Ergebnisse unterstreichen zudem die komplexe Herkunft von Straßentaubenpopulationen und deuten auf einen damaligen und wahrscheinlich anhaltenden Zustrom von Zuchttauben in Straßentaubenpopulationen in Gebieten hin, in denen eine große Anzahl von Taubenzüchtern ansässig sind.”
Diese Untersuchung spielt in unserem Grundsatzverfahren für Straßentauben, mit welchem wir die Rechtswidrigkeit isolierter Fütterungsverbote feststellen lassen wollen, eine große Rolle. Denn eines unserer Hauptargumente für die Rechtswidrigkeit der Fütterungsverbote ist die Abstammung der Straßentaube von Zuchttauben. Dies macht die Tiere juristisch gesehen nämlich zu Fundtieren, die von den Städten versorgt werden müssen. Noch nie wurde diese Frage vor den deutschen Gerichten aufgeworfen, was unseren Prozess von den bisherigen Verfahren unterscheidet. Gelingt uns der Beweis, könnte dies die Kehrtwendung in der deutschen Rechtsprechung in Bezug auf Straßentauben bedeuten.
Neben der hier geschilderten Untersuchung existieren noch weitere Studien aus dem Ausland, die jedenfalls am Rande die Herkunft von Straßentauben beleuchten. Für ein von uns für unseren Prozess in Auftrag gegebenes Gutachten wurden diese Studien ausgewertet und auch der Verfasser unseres Gutachtens kommt zum selben Schluss: Die Straßentaube ist kein Wildvogel, sondern stammt von der Zuchttaube ab. Dieses durch unsere Unterstützer*innen finanzierte Gutachten werden wir natürlich veröffentlichen, sobald wir es dem Gericht vorlegen konnten.
Nur mit Hilfe Ihrer Spenden ist die Erna-Graff-Stiftung im Stande wichtige Gerichtsprozesse wie diesen für unsere tierischen Mitgeschöpfe zu finanzieren. Jeder Betrag hilft uns dabei und leistet einen wichtigen Beitrag. Nur so können veraltete wissenschaftliche Meinungen widerlegt werden, was insbesondere beim Thema Bestandsregulierung durch Fütterungsverbote dringend erforderlich ist.
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