Verteidigung eines angeklagten Tierschützers im “Putenstallprozess”

Die Erna-Graff-Stiftung unterstützt den Tierschützer Jonathan Steinhauser, der wegen Hausfriedensbruch in einer Putenmastanlage angeklagt ist.

Den Putenstall hat der Angeklagte im Mai 2015 zusammen mit zwei weiteren Aktivisten betreten, nachdem ihnen mehrere Mülltonnen mit toten Puten aufgefallen sind. Die Tierschützer haben in dem Stall schlimme Zustände und Verstöße gegen das Tierschutzgesetz filmen können.

Während in einem vergleichbaren Fall die Gerichte Tierschützer, die in einer Schweinezuchtanlage filmten, freigesprochen haben, ist Jonathan Steinhauser nun von mehreren Instanzen wegen Hausfriedensbruch verurteilt worden. Problematisch an den jeweiligen Urteilen ist aus unserer Sicht v.a. die Urteilsbegründung: Das Landgericht Heilbronn hat in seinem Urteil vom 23.5.2017 argumentiert, dass der Hausfriedensbruch deswegen nicht durch einen Tierschutznotstand zu rechtfertigen ist, weil schlimme Zustände in der Massentierhaltung allgemein bekannt und vom Gesetzgeber wie der Gesellschaft geduldet sind. Denn da die Erzeugung von großen Mengen billigen Fleisches gesellschaftlich gewünscht wird, rechtfertigt dies nach §1 TierSchG als “vernünftigen Grund” rechtlich das Zufügen von Schmerzen, Leiden und Schäden in der Massentierhaltung. In seinem Beschluss vom 4.8.2018 hat das Oberlandesgericht Stuttgart das Urteil des Landgerichts Heilbronn bestätigt und dessen Begründung nicht beanstandet.

Nach dieser Interpretation des “vernünftigen Grundes” desTierschutzgesetzes stellt also das Interesse nach günstigem Fleisch, welches rein ökonomischer Natur ist, einen „vernünftigen Grund“ im Sinne des § 1 TierSchG dar. Nun würde allein das Vorliegen einer Massentierhaltung es rechtfertigen, Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Dies droht das deutsche Tierschutzrecht zu untergraben und es im Bereich der Massentierhaltung zu einer reinen Symbolgesetzgebung herabzusetzen. V.a. um dies zu verhindern, unterstützen wir nun Jonathan Steinhauser weiter bei seiner Einlage der Revision beim Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen diese Urteile.

Aktuelle Informationen zum Prozess

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